Über wohl keinen anderen bayerischen König wurde so viel getratscht, geschrieben, gespottet und gemunkelt wie über König Ludwig II. von Bayern. Seine Bauwut, sein nach wie vor nicht vollständig geklärter Tod und seine exzentrischen Charakterzüge haben bereits vor mehr als einem Jahrhundert die Fantasie vieler Bayern beflügelt – und sie tun es bis heute.
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Was wissen wir nicht schon alles über den „Kini“: Er war einer von Richard Wagners größten Bewunderern, er hatte ein ausgeprägtes Faible für französische Schlösser und liebte es ganz besonders, sich selbst darzustellen und ausschweifend zu feiern. Auch dass er in München, der „verhassten unseligen Stadt“, alles andere als gern verweilte, ist dank eines Briefs an seinen Freund und Vertrauten Graf Dürckheim kein Geheimnis mehr (Gebhart, Heinz, (2011): König Ludwig II. hatte einen Vogel. Unglaubliche, aber wahre Geschichten über Bayerns Märchenkönig. Stiebner Verlag GmbH, München.)
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Was jedoch kaum jemand weiß: Ludwig hatte offenbar nicht von München gehörig die Nase voll, sondern auch von ganz Bayern. Das Herrschaftsverständnis des Märchenkönigs, je umfangreicher die Macht des Königs sei, desto mehr sei er auch im Stande, zum Wohle seines Volkes zu wirken, stieß bei vielen seiner Zeitgenossen auf Widerstand. Auch seine Pläne, Verfassung, Volksautorität und Volksrechte der konstitutionellen Monarchie wieder durch eine absolute Monarchie zu ersetzen, konnte Ludwig bekanntlich nicht verwirklichen. Kurzum: Er muss mit den damaligen Gegebenheiten mehr als unzufrieden gewesen sein (Rumschöttel, Hermann (2011): Ludwig II. von Bayern. Verlag C.H.Beck Wissen, München.).
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Der kühne Plan von König Ludwig II.
Wie es sich für einen schillernden Märchenkönig gehört, fasste er deshalb 1871 einen kühnen Plan: Er will Bayern den Rücken kehren und an einem anderen Ort ein Reich aufbauen, das er als souveräner Alleinherrscher regieren kann. Ganz nach dem Motto: servus, Wilhelm I., servus, Kaiserreich und servus, verhasste „Preißn“. Deswegen erteilt er dem Direktor des Archivs des Königreichs Bayern Franz von Löher den Auftrag, Zypern, Kreta sowie die Kanarischen und griechischen Inseln „auszutesten“. Ludwigs Wahl fällt schließlich auf die Kanarischen Inseln. Zusammen mit einer Kommission kalkuliert er die Erwerbungskosten und setzt sogar die Inhalte einer monarchischen Verfassung für das „Kanarische Inselreich“ fest. Kritische Einwände schmettert der „Kini“ ab, zu unerträglich schien ihm wohl die Beschneidung seiner Rechte durch „jenes preußische Gesindel“ (ebd.).
Aus diesem grotesken Vorhaben wurde letztendlich doch nichts. Das war wohl auch besser so. Ludwig II. gehört einfach nach Bayern und nicht an einen kanarischen Strand. Und „Preißn“ gibt’s da mittlerweile auch schon. Wenn das der Ludwig wüsste...